Beamtenversorgung: Kein Anspruch auf längere Anrechnung von Kindererziehungszeiten („Mütterrente“)

Februar, 2019 in Öffentlicher Dienst und kirchlicher Dienst

2014 wurde bei den gesetzlich Rentenversicherten eine erweiterte Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder eingeführt („Mütterrente“). Angerechnet werden nunmehr 24 Monate (davor: 12 Monate). Für Beamtinnen und Beamte dagegen sind weiterhin maximal sechs Monate eines Erziehungsurlaubs ruhegehaltfähig. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sah darin ebenso wie in der Vorinstanz das Verwaltungsgericht Freiburg keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Wegen der unterschiedlichen Strukturen des beamtenrechtlichen und des rentenrechtlichen Versorgungssystems handle es sich nicht um gleich zu behandelnde Sachverhalte; auch eine Diskriminierung weiblicher Beamter liege nicht vor.

Für die durch die Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Beamtin war nicht ersichtlich, dass es einleuchtende Gründe für derart gravierende Unterschiede in der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten gäbe. Das familienpolitische Erfordernis einer Verbesserung der Anerkennung von Erziehungsleistungen vor 1992 und die familiäre Situation der Eltern – zumeist der Mütter – lasse sich nicht nur auf das System der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzen. In der Praxis treffe die Regelung weitgehend Frauen. Beamtinnen seien damals wegen der noch fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren regelmäßig gezwungen gewesen, sich beurlauben zu lassen.

Der Verwaltungsgerichtshof folgte der Argumentation nicht und befand wie die Vorinstanz, dass die Anrechnung der Erziehungszeiten nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg mit dem Verfassungsrecht vereinbar sei. Ein Gleichheitsverstoß lasse sich nicht begründen, weil die Unterschiede systembedingt und nicht auf einen offensichtlichen Wertungswiderspruch zurückzuführen seien. Ein Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen – hier: gesetzliche Rentenversicherung einerseits und Beamtenversorgung andererseits – gleich zu regeln, enthalte der allgemeine Gleichheitssatz grundsätzlich nicht. Anders als im Rentenrecht sei im Beamtenversorgungsrecht zum Stichtag 01.01.1992 die Art und Weise der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten grundlegend geändert worden. Unter näherer Betrachtung dieser Regelungen gelangte der VGH zu der Auffassung, von einer parallelen Entwicklung im Renten- und Versorgungsrecht für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder könne nicht die Rede sein.

Bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung habe der Gesetzgeber einen weiten Spielraum. Zeiten einer erziehungsbedingten Beurlaubung versorgungsrechtlich mit geleisteten Dienstzeiten gleichzustellen, sei nicht geboten. Daran ändere auch nichts, dass es sich bei der Honorierung von Erziehungszeiten um eine in der Verantwortung der Gesamtgesellschaft liegende Maßnahme handle. Weiterhin sei auch nicht ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber im Versorgungsrecht die unterschiedliche Behandlung von Erziehenden, deren Kinder vor bzw. nach dem Stichtag 01.01.1992 geboren wurden, in nicht mehr tragbarer Weise vertieft und damit seinen Gestaltungsspielraum überschritten hätte.

Das Urteil ist rechtskräftig.